Bitterstoffe – Die bittere Wahrheit

Bitterstoffe – Die bittere Wahrheit, mit Folgen für unsere Gesundheit und unser Gewicht.

Süßes haben wir im Überfluss, auch salzig, sauer und scharf gibt es genug. An Bitterem und Herbem herrscht Mangel. Früher wurde viel von Wald und Wiese gegessen. So waren Wildkräuter der Hauptlieferant der Bitterstoffe – aber wer isst diese heute noch?

Und so fehlt es uns an Bitterstoffen, nicht nur für Ausscheidung und Verdauung, sondern auch als Essbremse und Gegengewicht zu Süßem und als „Muntermacher“ für die Leber, unser wichtigstes Entgiftungs-/Stoffwechselorgan..

Wo sind nur die Bitterstoffe aus unseren Lebensmitteln hin?

In Mitteleuropa kam es Mitte der 80er Jahre zu einem rätselhaften Wildtiersterben. »Dickefett und mausetot«, so beschrieb ein Jäger die rätselhaften Tierleichen. Bald wurde klar, dass sich die Tiere totgefressen hatten. Irgendetwas hatte ihre natürliche Fressbremse außer Kraft gesetzt.

Eine neue großflächig angebaute Rapszüchtung, der man die Bittersubstanzen Erucasäure und Glucosinolate weggezüchtet hatte, war Schuld daran. Das Rapsschrot sollte nämlich für die Mast verwenden werden. Die Tiere in den Ställen wurden nun, zur Freude der Bauern, zu hemmungsloser Fresslust animiert, den Wildtieren wurde es zum Verhängnis.

Auch von unseren Wiesen sind die Wildkräuter verschwunden. Löwenzahn zum Beispiel. Das ist kein Zufall, dahinter steckt System. Auf Weiden ohne Bitterpflanzen wird das Vieh schneller schlachtreif.

Wieso?

Bitterstoffe wirken in Pflanzen als Fraßschutz und sichern deren Überleben. Diese natürliche Essbremse wirkt bei den Tieren sowie den Menschen. Wer kann schon eine Tafel Bitterschokolade am Stück essen? Eine Tafel Vollmilchschokolade dahingegen ist schnell verputzt. So ist in der industrialisierten Landwirtschaft die Versuchung natürlich groß, den Tieren die Essbremse vorzuenthalten.

Dieser gehemmte Mechanismus wird natürlich von der Lebensmittelindustrie eingesetzt, um auch bei uns Konsumenten den Appetit ordentlich anzukurbeln.

Zum Essen verführt

Mit uns Menschen passiert das Gleiche. Vom Gemüsebrühe-Hersteller bis zum Restaurantkoch, alle wollen, dass es uns gut schmeckt – eher besser: dass wir mehr essen! Chicorée oder Radieschen in Restaurantsalaten? Selten, weil Bitteres als Appetitbremse wirkt. Und schmecken uns Grapefruits heute nicht viel angenehmer als vor 20 Jahren?

Der Geschmack von Fertiggerichten und Fastfood wird über zwei simple Stellschrauben gesteuert: süß und salzig. Und davon möglichst viel – und gleichzeitig.

Allenfalls nach einer großen Völlerei meldet sich bei dem einen oder anderen noch ein Warnimpuls. Dann greift er zu einem Magenbitter, einem Digestif, wie Averna, Ramazotti oder dem guten alten Kräuterlikör.

Warum mögen wir den bitteren Geschmack nicht?Geschmacksnerven

Unsere Zunge ist quasi unser Pförtner und gleichzeitig ausgestattet mit einem natürlichen Alarmsystem, was uns vor giftigen Stoffen schützt. Fast die gesamte Zungenoberfläche ist mit Bitterstoffrezeptoren versehen. Insbesondere kurz vor dem Runterschlucken, also hinten, am Zungengrund, reagieren wir besonders sensibel.

Erstaunlicherweise gibt es Bitterrezeptoren auch im Darm und in der Nase, wobei zum Teil nicht klar ist, welche Funktion sie eigentlich haben. Möglicherweise können sie im Darm Durchfall auslösen – ganz im Sinne der Schutzfunktion.

Heute braucht der Mensch dieses Alarmsystem nicht mehr. Heute kann er sich den Luxus leisten, den für die meisten unangenehmen Geschmack zu verbannen. Mit der ebenso bitteren Folge, dass dem Körper eine wichtige Substanz fehlt, die Leber und Galle anregt, zum Abbau von Schadstoffen führt, und den Appetit auf ein natürliches Maß zügelt.

Ende Teil 1

(Teil 2: Süß und dick, bitter und schlank?)

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